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Bretton Woods – das auf Gold basierende Weltwährungssystem

Goldwissen Arnulf Hinkel, Finanzjournalist – 11.07.2024

© PantherMedia /Maximusdn

Bereits in der Antike wurde Gold als universelles Zahlungsmittel geschätzt, und mit fortschreitender Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen wurde das Edelmetall immer stärker zur Stabilisierung nationaler Währungen genutzt.

1880 schließlich einigten sich die Industrienationen mit dem klassischen Goldstandard auf eine Finanzweltordnung, die sowohl auf den Binnenmärkten der teilnehmenden Staaten wie auch international für stabile Wechselkurse und ausgeglichene Außenhandelsbilanzen sorgen sollte.

Dabei wurde für jede nationale Währung ein fixer Preis in Gold festgelegt und garantiert, dass jeder Teilnehmer Geld zu jeder Zeit bei seiner Zentralbank in Gold umtauschen konnte. Dies wiederum bedeutete, dass die Paritäten verschiedener Währungen ebenfalls fix waren – von kleineren, national bedingten Auf- oder Abschlägen abgesehen.

Weg vom klassischen Goldstandard und der britischen Dominanz

Daraus folgte nicht nur, dass der Bargeldumlauf eines Landes an dessen Goldreserven gebunden war, es zwang auch die teilnehmenden Staaten zu einer Finanzpolitik, die den Zahlungsbilanzausgleich mit anderen Teilnehmern fokussierte, denn Handelsbilanzdefizite mussten mit Gold ausgeglichen werden.

Dies konnte nur so lange gutgehen, wie keines der Teilnehmerländer des Goldstandards in Liquiditätsengpässe kam, denn jeder neugedruckte Geldschein musste mit Gold abgesichert sein. Mit den enormen Kosten der Kriegsfinanzierung und aufgrund der Unmöglichkeit, die Goldreserven entsprechend auszuweiten, bedeutete der Beginn des Ersten Weltkrieges das vorläufige Ende des klassischen Goldstandards.

Mitte der 1920er Jahre bemühten sich einige Staaten – ganz besonders Großbritannien, denn die Weltwährung war vor dem Krieg das Pfund Sterling gewesen – um die Weiterführung des Goldstandards. Spätestens mit der Weltwirtschaftskrise musste dies jedoch als gescheitert angesehen werden.

Gleichzeitig kam es durch die Anstrengungen vieler Länder, durch Abwertung der eigenen Währungen ihre Volkswirtschaften anzukurbeln, zu dramatischen Wechselkursschwankungen. Die Weltwirtschaft litt unter einem Währungsabwertungskrieg, der beispielsweise im Butterkrieg zwischen Dänemark und Neuseeland Anfang der 1930er Jahre bizarre Formen annahm. Ein neues, stabiles Weltwährungssystem musste her.

Bretton Woods und US-Dollar als neue Leitwährung

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs arbeiteten sowohl in Großbritannien als auch den USA Wirtschaftswissenschaftler fieberhaft an einer neuen Weltwährungsarchitektur. Während der britische Ökonom John Maynard Keynes, der den Goldstandard als „barbarisches Relikt“ bezeichnete, für eine unabhängige internationale Währung als Leitwährung in einem Fixkurs-System eintrat, setzte sich sein US-amerikanischer Kollege Harry Dexter White zwar ebenfalls für ein Fixkurs-System ein, aber mit dem US-Dollar als Ankerwährung, die wiederum mit Gold hinterlegt werden sollte – jedoch deutlich flexibler als dies beim klassischen Goldstandard der Fall gewesen war.

Dank der zugunsten der Vereinigten Staaten veränderten Machtverhältnisse auf den internationalen Märkten setzte sich White mit seiner Idee durch, womit der US-Dollar das Pfund Sterling als Leitwährung ablöste. Das neue Weltwährungssystem sollte eine reibungslose und von Handelsbarrieren befreite Abwicklung des Welthandels unter engen Schwankungsbändern der Wechselkurse ermöglichen, die auch in Krisensituationen nicht zusammenbrechen würde.

Dass die Konferenz in dem kleinen, ganz im Norden der USA gelegenen Bretton Woods stattfand, hatte eine starke Symbolkraft – sie zeigte die neue wirtschaftliche Führungsrolle der Vereinigten Staaten auf den Weltmärkten. Über 700 Delegierte aus 44 Nationen reisten zu dem abgelegenen Bergdorf, das bis dahin primär als Ferienort Skibegeisterten und Bergwanderern ein Begriff war. 23 Tage lang feilten die Delegierten unter der Ägide der USA an einer neuen Weltwährungsarchitektur, die das Ex- und Importgeschäft für alle beteiligten Nationen berechenbarer machen und die Wechselkursschwankungen begrenzen sollte. Schnell wurde klar, dass es ohne Gold als stabilisierenden Faktor nicht gehen sollte.

Kernbestandteile des Bretton-Woods-Systems

Das von zunächst 44 Staaten unterzeichnete Bretton-Woods-Abkommen – die Bundesrepublik trat im Jahr ihrer Gründung 1949 bei – umfasste folgende Regeln: Der Goldpreis pro Unze wurde bei 35 US$ fixiert und die USA verpflichteten sich zum jederzeitigen An- und Verkauf von Dollars zu diesem Preis.

Die Paritäten der Währungen der übrigen Teilnehmer des Abkommens wurden gegenüber dem US-Dollar festgelegt und die entsprechenden Notenbanken verpflichteten sich, ihre Währungen innerhalb eines Prozents der festgelegten Parität zu stabilisieren.

Im Gegensatz zum klassischen Goldstandard durften diese Paritäten jedoch bei fundamentalen Zahlungsbilanzproblemen einzelner Länder durch Auf- bzw. Abwertung ihrer Währung modifiziert werden.

Zur Bewältigung von temporären Zahlungsbilanzschwankungen wurde der Internationale Währungsfonds (IWF) gegründet, der betroffenen Ländern Kredite zur Verfügung stellen konnte.

Neue Stabilität – auf Kosten der Flexibilität der Mitgliedsstaaten

Vom Start des neuen Weltwährungssystems an waren die Teilnehmerstaaten von der nationalen Finanzpolitik der USA abhängig und mussten ihre eigne Geldpolitik sehr restriktiv handhaben. Zu Beginn war dies kein Problem, im Gegenteil: Die geringe Volatilität der Wechselkurse begünstigte den wirtschaftlichen Aufschwung in den Mitgliedsländern und reduzierte die Zahl der Bankenkrisen.

Als jedoch ab den späten 1950er Jahren das Zahlungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten kontinuierlich wuchs, der Anteil der US-Wirtschaft an der globalen Produktion bis Ende der 1960er Jahre auf 25 Prozent sank und der Anteil am Welthandel gar auf rund 10 Prozent schrumpfte, relativierte sich auch die neue Weltwirtschaftsordnung. Speziell exportorientierte Wirtschaftsnationen wie Japan und Deutschland waren immer weniger bereit, sich den Restriktionen des Bretton-Woods-Systems zu beugen.

Als weiteres Problem erwies sich die Festlegung des Goldpreises auf 35 US$ je Unze: Auf dem freien Goldmarkt wurden beim Londoner Gold Fixing abweichende, deutlich höhere Preise ermittelt, was das Vertrauen in die Stabilität der Leitwährung US-Dollar schwächte.

1973: Das Ende des Bretton-Woods-Systems

Die Hinterlegung des US-Dollars mit Gold erwies sich zunächst als stabilisierendes Element der neuen Weltwährungsarchitektur, und die geringe Volatilität der Wechselkurse, eine Phase wirtschaftlichen Aufschwungs und deutlich weniger Bankenkrisen bestätigten das neue Weltwährungssystem bis in die 1960er Jahre.

Die expansive Geldpolitik Lyndon B. Johnsons zur Finanzierung des Vietnamkriegs und seines „Great Society“-Sozialprogramms brachte das Bretton-Woods-System aufgrund der Abhängigkeit der Teilnehmerstaaten von der US-Finanzpolitik schnell an seine Grenzen, denn diese – allen voran Deutschland und Japan mit ihren florierenden Volkswirtschaften – weigerten sich, ebenfalls eine expansive Geldpolitik umzusetzen, was die Leitwährung und die USA als Wirtschaftsmacht schwächte.

Als Johnsons Nachfolger Richard Nixon 1971 zur Stützung der US-Währung und Bekämpfung der Inflation die Konvertibilität des Dollars in Gold aussetzte („Nixon-Schock“), bedeutete dies eine entscheidende Schwächung des Systems fester Wechselkurse und mit Beginn der Ölkrise 1973 auch das Ende von Bretton Woods.

Ein wichtiges Element des Bretton-Woods-Systems ist allerdings bis heute erhalten geblieben: der IWF, der noch immer die gleiche Hauptaufgabe erfüllt wie 1944, als er ins Leben gerufen wurde. Geändert hat sich jedoch die Zahl der Mitgliedsstaaten: von anfangs 44 Staaten hat sich diese bis heute auf 190 gesteigert.

Ist eine Rückkehr zum Goldstandard denkbar?

Bis heute sind viele Volkswirtschaftler davon überzeugt, dass Keynes auf der richtigen Fährte war, als er statt einer auf dem Goldstandard aufbauenden Weltwährungsarchitektur ein System in bestimmten Bandbreiten fixierter Wechselkurse vorschlug, das auf einer globalen Kunstwährung basieren sollte.

In diesem Fall nämlich wäre eine expansive Geldpolitik eher möglich gewesen als mit der Hinterlegung einer Leitwährung mit dem raren und endlichen Rohstoff und Anlagegut Gold. Heute wäre die Wiedereinführung eines globalen Goldstandards undenkbar, denn die Geldmengen haben sich seit dem Ende des Bretton-Woods-Systems fast ununterbrochen ausgeweitet, so dass eine Golddeckung schon rein quantitativ nicht mehr möglich wäre.

Dies lässt sich eindrucksvoll mit der Staatsverschuldung fast aller Länder belegen: So hat sich beispielsweise die Schuldenlast Deutschlands von 1970 bis 1975 mehr als verdoppelt – auf 130 Mrd. €. Seitdem sind die Staatschulden ständig gestiegen und lagen Ende 2023 bei 2,62 Bio. €. Ein noch extremeres Bild bieten die USA, wo sich die Staatschulden von 2003 von 6,7 Bio. US$ bis 2023 auf 33,4 Bio. US$ fast verfünffacht haben. Laut einer Statista-Prognose sollen diese bis 2029 weiter auf über 46,8 Bio. US$ ansteigen.

Inflationsschutz und sicherer Hafen: Goldnachfrage ist ungebrochen

Man könnte meinen, dass mit dem Ende des Bretton-Woods-Systems auch die Bedeutung von Gold als Anlagegut rapide gesunken wäre. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Zentralbanken weltweit bunkern heute genauso viel Gold wie zu Zeiten des Goldstandards, obwohl die Goldreserven gar nicht mehr zur Deckung einer Leitwährung dienen.

Einige Länder – allen voran China und Russland – haben in den letzten Jahrzehnten ihre Goldreserven sogar massiv ausgebaut, um auf diese Weise ihre Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren.

Ein weiterer Grund für die große Beliebtheit des Edelmetalls hat ihren Ursprung in der bereits erwähnten enormen Ausweitung der Staatsverschuldung, die in vielen Volkswirtschaften so hoch ist, dass diese Staaten ihre Schulden niemals werden tilgen können. Gold gilt heute als hervorragender Inflationsschutz. Dies und die vielfach erprobte Krisenfestigkeit des Edelmetalls haben Gold zu einem festen Bestandteil vieler Portfolios sowohl von Institutionellen wie auch Privatanlegern werden lassen. Studien belegen, dass bei einem mit Gold diversifizierten Portfolio das Verlustrisiko geringer ausfällt als beim reinen Aktien-Anleihen-Portfolio.

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