Anleihemärkte geben die Richtung vor
Marktkommentar Michael Blumenroth – 29.09.2023
Wöchentlicher Marktbericht
Nach zwei Wochen melde ich mich aus dem Urlaub zurück. Und muss gleich über starken Druck auf die Goldnotierungen in dieser Woche berichten. Wobei ich es eher erstaunlich finde, dass sich die Goldpreise lange Zeit sehr solide gehalten haben. Schließlich wurde das edle Metall im September von zwei Seiten schwer in die Zange genommen: Von den nahezu unaufhaltsam steigenden Renditen an den Anleihemärkten und von der spürbaren Aufwertung des US-Dollars.
Staatsanleihen: Renditen bleiben hoch
Zwar befinden sich die Inflationsraten in den meisten Ländern nun deutlich unter ihren Höchstständen vom vergangenen Jahr bzw. diesem Winter. Allerdings senden insbesondere die Ölmärkte, an denen die Notierungen nun auf den höchsten Stand seit einem Jahr gestiegen sind, erste Warnzeichen, dass die Inflation noch längere Zeit über den Zielmarken der Notenbanken verweilen könnten. Die Unsicherheit über die weitere Geldpolitik insbesondere der US-Notenbank Fed, das Auspreisen möglicher Zinssenkungen für das erste Halbjahr 2024 und die Befürchtungen, dass die Inflation gekommen ist, um zu bleiben, haben die Renditen der Staatsanleihen auf lange nicht gesehene Niveaus angehoben. Die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen kletterten gestern auf 2,978 Prozent, das höchste Niveau seit 2011. Diejenigen der zehnjährigen US-Staatsanleihen notierten zwischenzeitlich bei 4,68 Prozent, dem höchsten Niveau seit 2007. 30-jährige US-Anleihen rentierten gar noch etwas höher.
US-Dollar Index auf Jahreshoch
Da US-Staatsanleihen den Ruf als „sichere Anlage“ haben und Renditen in solchen Dimensionen viele Anleger überzeugen dürften, ein Investment ins Auge zu fassen, blies den Goldpreisen insbesondere in dieser Woche ein kalter Gegenwind ins Gesicht. Zudem stieg der viel beachtete US-Dollar Index auf ein neues Jahreshoch, mit anderen Worten, Gold verteuerte sich außerhalb der USA durch den Währungseffekt.
Gold handelt derzeit bei 1.870 US$ pro Unze
Zweieinhalb Wochen hielten sich die Goldpreise noch sehr tapfer, dann ging es schließlich doch abwärts: Am Freitag vor drei Wochen notierte Gold noch bei 1.925 US$ je Unze. Es handelte zunächst meist seitwärts um 1.920/25 herum, bis es am 20. September kurz nach der Sitzung der US-Notenbank Fed sehr kurzzeitig auf 1.947 stieg. Nachdem die Märkte dann aber zu der Ansicht kamen, dass die Fed die Geldpolitik noch lange restriktiv gestalten werden, setzten die Goldpreise etwas zurück. Mit dem starken Renditeanstieg in den USA in dieser Woche rutschten sie dann aber zur Wochenmitte richtig ab, und zwar zunächst am Dienstagabend durch die Marke von 1.900 US$ pro Unze und anschließend bis auf 1.858 gestern. Massive Verkäufe von Großanlegern sollen dafür verantwortlich gewesen sein. Heute Morgen startet Gold bei rund 1.870 US$ pro Unze in den europäischen Handelstag.
Xetra-Gold: Preisentwicklung über die vergangenen drei Wochen
Der Xetra-Gold-Preis wurde durch die Abwertung des Euros zum US-Dollar leicht gestützt, gab aber im Endeffekt auch nach. Während der üblichen Handelszeiten handelte Xetra-Gold am Freitag vor drei Wochen noch bei 57,75 € pro Gramm und markierte bei 58,40 aufgrund des schwachen Euros noch zu Beginn dieser Woche ein Hoch für die vergangenen drei Wochen. Der scharfe Kursrutsch am Mittwoch zog jedoch auch hier die Notierungen talwärts, und zwar bis auf rund 56,55 gestern. Xetra-Gold dürfte heute Morgen etwas fester bei rund 56,75 € pro Gramm in den Handel starten.
Alle Märkte stehen derzeit im Bann der Entwicklungen an den Anleihemärkten. Sollten die Renditen weiter steigen, wäre dies für die Goldpreise eine ungünstige Entwicklung. Haben wir jedoch bald den Höhepunkt gesehen, könnte es auch bei den Goldpreisen zu einer Gegenbewegung kommen. Heute könnte es zu Quartalsenddispositionen kommen, in der kommende Woche dürften die US-Arbeitsmarktdaten im Fokus stehen.
Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich ein großartiges, sonniges Wochenende – vielleicht sogar ein langes…