Beruhigung nach turbulenter Marktphase
Marktkommentar Michael Blumenroth – 09.08.2024
Wöchentlicher Marktbericht
Von Sommerflaute keine Spur – in den letzten Tagen ging es ordentlich zur Sache. In chronologischer Reihenfolge bewegten drei Ereignisse den Markt:
- Zunächst hatte am vergangenen Mittwoch die japanische Notenbank die Leitzinsen erhöht. Dies hatten nicht alle Marktakteure erwartet. Da zudem Notenbank-Gouverneur Ueda im Rahmen seiner Pressekonferenz nach der Sitzung weitere Zinserhöhungen für 2024 andeutete, wertete der Yen stark auf – nachdem er monatelang fast nur eine Richtung kannte, nämlich abwärts.
- Noch am Mittwochabend hatte der Gouverneur der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, angekündigt, dass die Fed zukünftig nicht nur die Inflationsentwicklung, sondern auch den Arbeitsmarkt genau beobachten und in die Erwägungen einer möglicherweise lockereren Geldpolitik einbeziehen würde. Der ISM-Einkaufsmanagerindex der Industrie, ein vielbeachteter Frühindikator, wies am Donnerstag auf eine zukünftig spürbar gedämpfte Nachfrage nach Arbeitskräften in der US-Industrie hin. Zudem stiegen die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stärker als erwartet.
- Das ganze kulminierte dann am Freitag. Gemäß dem Arbeitsmarktreport für den Monat Juli stieg die Arbeitslosenquote in den USA von 4,1 Prozent im Vormonat auf 4,3 Prozent. Dies verschreckte viele Marktakteure, von denen einige nun eine gestiegene Wahrscheinlichkeit für eine Rezession in den USA vermuteten.
In der Folge wurden zwischen Freitagnachmittag und Montagnachmittag an den Geldterminmärkten rund 0,5 Prozentpunkte mehr an Zinssenkungen eingepreist als vor den US-Arbeitsmarktdaten. Die Renditen der US-Staatsanleihen fielen ungewöhnlich stark. Dies wiederum mündete in einer starken Aufwertung des japanischen Yen, was weitere Marktturbulenzen auslöste, da der sogenannte Carry Trade (Anleger verschulden sich zu sehr niedrigen Zinsen in Yen und legen die Gelder in höher verzinsten Anlagen wie US-Staatsanleihen oder mexikanischen Staatsanleihen an) über fast drei Jahre hinweg eine von Großanlegern gern genutzte Strategie war.
Verkäufe von Goldpositionen zur Deckung von Verlusten
Am Montag fielen die japanischen Aktienleitindizes primär aufgrund des gestiegenen Yen (der geringere Exporterlöse für japanische Exporteure bedeutet) um mehr als zwölf Prozent, und zogen auch weitere Börsenplätze mit nach unten. Rein intuitiv bedeutet dies eigentlich, dass die Goldpreise von einem derartigen Umfeld profitieren müssten. Allerdings gerieten so viele Verkaufspositionen in Yen bzw. Kaufpositionen in Aktien unter Wasser, dass zahlreiche Anleger auch ihre gewinnbringenden Goldpositionen verkaufen mussten, um ihre Verluste an anderen Märkten abdecken zu können (die gefürchteten „Margin Calls“ dürften nicht ausgeblieben sein).
Somit setzten die Goldpreise verglichen mit dem Niveau vom vergangenen Donnerstag etwas zurück – wobei alle anderen Edel- und Industriemetalle und auch die Ölpreise stärkere Verluste zu beklagen hatten.
Am Donnerstagmorgen vergangener Woche notierte Gold bei 2.444 US-Dollar/Unze. Nach den US-Arbeitsmarktdaten kletterten die Notierungen auf knapp 2.478 US-Dollar/Unze und verfehlten damit ihr Rekordhoch von Mitte Juli um lediglich sechs US-Dollar. Danach setzten die oben beschriebenen Verkäufe von Goldpositionen zur Deckung von Verlusten an anderen Märkten ein, sodass das gelbe Metall bis auf 2.364,50 US-Dollar /Unze am Montagnachmittag zurücksetzte. Am Dienstag erholten sich die Notierungen zurück auf 2.420 US-Dollar/Unze, fielen dann aber noch einmal auf 2.380 US-Dollar/Unze, bevor sie sich gestern bei 2.400 US-Dollar/Unze einpendelten. Heute Morgen gegen 7 Uhr startet Gold bei etwa 2.394 US-Dollar/Unze in den europäischen Handel.
Xetra-Gold-Preis unter Vorwochenniveau
Auch der Xetra-Gold-Preis notiert – nicht zuletzt wegen des verglichen mit der Vorwoche etwas festeren Kurs des Euros zum US-Dollar – unterhalb seines Vorwochenniveaus. Während der üblichen Handelszeiten stieg er zunächst von 72,60 €/Gramm am Donnerstagmorgen vergangener Woche bis auf 73,45 €/Gramm am Freitagmorgen. Der Rücksetzer der Goldpreise sorgte für ein Abrutschen bis auf 69,30 €/Gramm am Montag, bevor sich die Notierungen wieder über die Marke von 71,00 €/Gramm erholten. Heute Morgen dürfte Xetra-Gold bei etwa 70,40 €/Gramm in den Tag starten.
Konsolidierungsphase setzt sich fort
Die Märkte setzten ihre am Dienstag begonnene Konsolidierungsphase auch gestern fort. Die Aktienbörsen machten einen Teil ihrer Verluste von Freitag und Montag wieder wett, die Staatsanleihen gaben ihre Gewinne hingegen wieder ab, das heißt, die Renditen stiegen. Dies liefert den Goldpreisen etwas Gegenwind. Gespannt warten wir nun auf die am Mittwoch zur Veröffentlichung anstehenden US-Verbraucherpreisdaten.
Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich ein nicht allzu heißes Wochenende. Oder einen schönen Schattenplatz und ein kühles Getränk.