Großbritannien: Goldpreis und Leitzinsen auf Rekordhoch
Aktuelles Arnulf Hinkel, Finanzjournalist – 15.05.2023
Dass sich der Preis von Gold vollkommen unabhängig von aktuellen Leitzinsen entwickeln kann, erleben zurzeit unsere europäischen Nachbarn in Großbritannien. Während die Bank of England vor wenigen Tagen die Leitzinsen auf 4,5 Prozent – und damit auf den höchsten Wert seit 15 Jahren – erhöht hat, notiert Gold seit Anfang April auf dem historisch einmaligen Rekordniveau von über 1.600 £ pro Unze. Dass sich Gold nicht längerfristig von Zinserhöhungen beeindrucken lässt, ist belegt – aber dass die inzwischen zwölfte Leitzinserhöhung der Bank of England in Folge den Goldpreis kaum tangiert, ist doch erstaunlich. Wie ist das möglich?
Nachfrage nach Gold-ETFs in Großbritannien ist die höchste in Europa
Im laufenden zweiten Quartal 2023 kauften britische Anleger nach aktuellen Angaben des World Gold Council Gold-ETFs mit physischer Besicherung in Höhe von 2,9 Tonnen – mehr als irgendein anderes europäisches Land. Dabei war Gold im Königreich noch nie so teuer wie in diesem Jahr. Zum Vergleich: Im Oktober 2018 kostete die Unze Gold in Großbritannien laut dem britischen Online-Goldhandelsunternehmen BullionByPost noch 900 £, und selbst mitten in der Corona-Pandemie im Februar 2022 lag das Edelmetall bei nur 1.330 £ – fast 17 Prozent unter dem heutigen Preis.
Inflation bleibt drängendstes Thema in Großbritannien
Von den zahlreichen Faktoren, die den Goldpreis täglich beeinflussen – die US-Währung, gegen die Gold weltweit volumenmäßig am meisten gehandelt wird, die Binnenkonjunktur, das Pro-Kopf-Einkommen, die Goldnachfrage der Zentralbanken etc. –, ist es im Königreich vor allem die extrem hohe Inflation von über 10 Prozent, die die Menschen beschäftigt. Dass die Goldnachfrage zurzeit so hoch ausfällt, liegt offensichtlich an der Überzeugung sowohl institutioneller als auch privater Anleger, in Gold einen wirksamen Inflationsschutz und Wertspeicher in ihrem Portfolio zu haben. Und diesen Schutz brauchen sie auch, denn die Bank of England rechnet laut Notenbankgouverneur Andrew Bailey erst für Anfang 2025 mit einem Sinken der Inflationsrate unter die anvisierten 2 Prozent.